Naturschutz und Klimaschutz gehen oft Hand in Hand. Ein gutes Beispiel sind Flussläufe, die sich natürlich verlagern können. Sie sind laut einer Studie effizientere Kohlenstoffsenken als begradigte Flüsse.
Rund 8500 Jahre dauert es, bis ein Sandkorn aus den Anden über das argentinische Tiefland in den Río Paraná gespült wird. Die 1200 Kilometer weite Reise in dem Fluss namens Río Bermejo wird von vielen Pausen in Flussauen unterbrochen, wo das Körnchen zum Teil über Jahrtausende abgelagert und dann wieder weiter transportiert wird.
Transport von Sand im Wasser relevant für den Klimaschutz
Begleitet wird der Sand von organischem Kohlenstoff, eingespült aus Boden und Pflanzen. Damit gewinnt der Transport im Wasser Relevanz für den Klimaschutz: Flüsse tragen den Kohlenstoff, der zuvor über Photosynthese aus der Atmosphäre aufgenommen wurde, als Sediment ins Meer, wo er über Jahrtausende unschädlich für das Klima eingelagert wird, wie Forschende des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ jetzt berichten.
Sie haben die einzelnen Prozesse der Reise erstmals quantifiziert. Wichtiges Ergebnis der Arbeit: Es sind vor allem ungestört mäandrierende Abschnitte eines Flusses, die Sediment zusammen mit dem Kohlenstoff ablagern und wieder aufnehmen und dann weiter ins Meer transportieren.
In Flussabschnitten mit gerader, stabiler Uferlinie wird die mitgeführte Sedimentfracht einfach durchgeschleust, während der Kohlenstoff in den Flussauen daneben langsam von Mikroorganismen wieder als CO2 freigesetzt wird. „Der Rio Bermejo war für uns ein ideales natürliches Labor, weil er keine nennenswerten Zuflüsse hat“, stellt Dirk Sachse vom GFZ fest. Er ist zugleich Direktor des Topics „Landschaften der Zukunft“ im Helmholtz-Programm „Erde im Wandel – Unsere Zukunft sichern“.
„Das bedeutet, dass natürliche Flussläufe, die Raum zur Abtragung der Flussauen haben, der Atmosphäre mehr Kohlenstoff entziehen können als gerade Flussabschnitte“, erklärt der Geologe. Deshalb könnten auch Begradigungen von Flüssen durch den Menschen zum Anstieg der CO2-Konzentration der Atmosphäre beitragen und den Klimaschutz gefährden: „Spannend ist jetzt die Beantwortung der Frage ob wir dem Klima helfen können, wenn wir den Flüssen wieder mehr Raum geben und die natürlichen Flussschleifen nicht behindern.“
Natürlich mäandrierende Flüsse erodieren Material aus den Flussauen
Ein internationales Team untersuchte die Prozesse im Fluss und seinen Auen mit einem vielfältigen Instrumentarium. Analysen des kosmogenen Beryllium-10-Gehalts etwa zeigten an, wie lange der Transport von Sediment im Fluss dauert. Datierungen auf der Basis des instabilen Kohlenstoffisotops 14C wiederum ließen Rückschlusse auf das Alter der Partikel organischen Ursprungs zu.
Bei den Feldarbeiten in Argentinien wurden Proben aus dem Fluss entlang der „Kette“ von Sedimentquelle bis zur Sedimentsenke genommen. „Natürlich mäandrierende Flüsse erodieren Material aus den Flussauen und transportieren es ins Meer, wo es lange Zeit bleibt“, betont Marisa Repasch vom GFZ die Rolle der Flüsse im Klimaschutz, „dagegen sind künstlich stabilisierte Flussläufe weit weniger effektive Kohlenstoffsenken.“
Foto: GFZ/Kristen Cook