Verstädterung ist eine Bedrohung für Fledermauspopulationen auf der ganzen Welt. Vor allem künstliches Licht in der Nacht und immer weniger Lebensraum und Nahrungsangebot sind Gründe. Trotzdem gibt es Orte innerhalb von Ballungsräumen, die für Fledermäuse geeignet sind und zum Fledermausschutz beitragen.
Der Verlust der biologischen Vielfalt gefährdet wichtige Ökosystemfunktionen. Hauptursache ist die Verschlechterung von Lebensräumen. Hier spielen Landwirtschaft und Holzeinschlag eine wichtige Rolle, aber auch die Verstädterung, die eine dramatische Umwandlung von natürlichen in extrem vom Menschen überformte, anthropogene Landschaften zur Folge hat.
Ultraschallrufe von fünf Fledermausarten an 600 Stellen in Berlin aufgezeichnet
Das wirkt sich auch auf viele der über 1400 Fledermausarten nachteilig aus. „Für den Fledermausschutz ist es deshalb wichtig, mehr über die Bedingungen zu erfahren, die sich positiv oder negativ auf Fledermäuse in diesen unterschiedlichen Ökosystemen auswirken, auch in Städten“, sagt Daniel Lewanzik, Wissenschaftler in der Leibniz-IZW-Abteilung Evolutionäre Ökologie. Mit seinem Team am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung arbeitete er mit über 200 Bürgerwissenschaftlerinnen zusammen, um die Ultraschallrufe von fünf Fledermausarten bis zu sechs Mal im Laufe von zwei Jahren an 600 Stellen in Berlin aufzuzeichnen.
„Mit diesem großen Datensatz konnten wir untersuchen, welche Eigenschaften der urbanen Landschaft die Anwesenheit von Fledermäusen beeinflussen“, erklärt Christian Voigt, Leiter der Leibniz-IZW-Abteilung für Evolutionäre Ökologie: „Darüber wollten wir verstehen, wie man diese Umgebungen so verbessern kann, dass Fledermauspopulationen selbst in Stadtlebensräumen bestehen können.“
Die Ergebnisse untermauern den Verdacht, dass sich künstliches Licht in der Nacht negativ auf alle Fledermausarten auswirkt und sogar das Vorkommen von Arten verringert, die bisher als „lichttolerant“ galten. Mückenfledermäuse erwiesen sich als besonders lichtempfindlich. Bereits bei mittlerer Beleuchtungsstärke wurden sie nur noch selten im Stadtlebensraum entdeckt, bei höherer Beleuchtungsstärke verschwanden sie ganz.
Künstliches Licht nachts auf absolutes Minimum reduzieren
Außerdem kamen Mückenfledermäuse fast viermal häufiger in Gebieten mit weißen Laternen als in Gebieten mit orangefarbenen Laternen vor, während Rauhautfledermäuse und Mausohrfledermäuse keine Vorliebe für eine bestimmte Lichtfarbe zeigten. Zusätzlich zeigte sich bei Mausohrfledermäusen ein Einfluss der Jahreszeiten: sie reagierten im Sommer negativ auf zunehmende künstliche Beleuchtung bei Nacht, im Herbst jedoch nicht.
Vegetation, die Anwesenheit offener Gewässer sowie das Ausmaß der durch Straßen und Gebäude versiegelten Flächen hatten ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf einige Arten, in Abhängigkeit von deren Nahrungsgewohnheiten. Arten wie die Zwergfledermäuse, die entlang von Vegetationsrändern nach Nahrung suchen, benötigen in der Regel Baumreihen, Arten wie die Wasserfledermäuse, die direkt über Wasserflächen nach Nahrung suchen, sind auf offenes Wasser angewiesen. Die meisten untersuchten Arten, auch solche, die im offenen Luftraum jagen, mieden stark versiegelte Flächen mit einem hohen Anteil an umliegenden Gebäuden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, das künstliche Licht in der Nacht auf das für menschliche Aktivitäten absolut notwendige Minimum zu reduzieren und, wo immer möglich, Optionen zum Dimmen von Beleuchtung im Außenbereich einzusetzen, zum Beispiel über Bewegungssensoren“, sagen die beiden Experten.
Bestehende Biotope unbedingt erhalten und neue schaffen
Sie fordern außerdem, bestehende Biotope unbedingt zu erhalten und zudem neue zu schaffen, wo immer dies möglich ist, und diese Fragmente durch ununterbrochene Vegetation und Dunkelkorridore wie Wohngärten und Baumreihen miteinander und mit Gewässern zu verbinden. Ihre Untersuchung zeige, dass auch Städte geeignete Lebensräume für geschützte und bedrohte Arten bieten können, wenn diese Voraussetzungen beachtet werden.
Das gemeinsame Sammeln von Daten mit den so genannten „Citizen Scientists“ war eine positive Erfahrung, berichten die Forscher. „Die Zusammenarbeit mit mehr als 200 hoch motivierten Helferinnen und Helfern ermöglichte es, zeitgleich Daten im gesamten Stadtgebiet Berlins zu erheben“, so Miriam Brandt, Leiterin des Leibniz-IZW-Wissenschaftsmanagements: „Gleichzeitig konnten wir interessierten Menschen einen meist kaum wahrgenommenen Teil der Stadtnatur nahebringen, viele Teilnehmende waren überrascht, Fledermäuse in urbanen Gegenden zu finden, wo sie sie nicht vermutet hätten.“
Foto: Christof Häberle/Leibniz-IZW