Wir scheinen besonders für negative Botschaften wie Fake News empfänglich zu sein, selbst wenn sie von wenig vertrauenswürdigen Medienquellen kommen. Bei positiven Inhalten ist diese Anfälligkeit geringer.
So zumindest lauten neue Erkenntnisse aus neurokognitiven Studien von Wissenschaftlerinnen der Humboldt-Universität zu Berlin, warum emotionale Botschaften in Schlagzeilen oft erfolgreich sind. Die Ergebnisse sollen erste Hinweise darauf geben, wie wir uns besser gegen den Einfluss emotionaler Fake News schützen könnten.
In der Regel haben wir gelernt, meist gut und richtig einzuschätzen, wie vertrauenswürdig Nachrichtenquellen sind. Dieses einfache Indiz kann uns helfen, irreführende Halbwahrheiten und Falschinformationen von Fakten zu unterscheiden. Deshalb ist es naheliegend, als Abhilfe gegen Mis- und Desinformationen explizit die Vertrauenswürdigkeit der Quelle zu beurteilen. „Aber können wir uns dadurch vor den emotionalen Inhalten schützen?“, fragen die Wissenschaftlerinnen.
Negative Schlagzeilen haben starke Auswirkungen auf die Urteile
In der Studie der Berlin School of Mind and Brain und des Psychologischen Instituts der Humboldt-Universität sollten Menschen zuerst die Vertrauenswürdigkeit bekannter deutsche Medienquellen einschätzen. Das sollte sie im Sinne von Nudging – also jemand auf mehr oder weniger subtile Weise dazu zu bewegen, etwas Bestimmtes einmalig oder dauerhaft zu tun oder zu lassen – dazu anregen, stärker auf die Glaubwürdigkeit der Quellen zu achten, wenn sie mit sozial-emotionalen oder vergleichsweise neutralen Schlagzeilen über Personen im jeweiligen Online-Layout der Medienquellen konfrontiert werden.
So wurde beispielsweise über eine Person berichtet, dass sie Steuergelder veruntreut habe und über eine andere, dass sie besondere Zivilcourage bewiesen habe. Nach einer kurzen Pause wurde die Gehirnaktivität der Teilnehmenden gemessen, während sie die anhand des Gesichts präsentierten Personen beurteilten.
Die Forschenden stellten dabei fest, dass die negativen Inhalte der Überschriften starke Auswirkungen auf die Urteile hatten, auch dann, wenn die Teilnehmenden der Quelle zuvor fehlende Glaubwürdigkeit attestierten. Personen, über die negative Schlagzeilen erschienen waren, wurden als sehr negativ und unsympathisch bewertet, unabhängig von der Vertrauenswürdigkeit der Nachrichtenquelle.
Schnelle, unwillkürliche Reaktionen des Gehirns auf Fake News
Wie wurde das untersucht? Die Gehirnaktivität der befragten Menschen wurde mittels eines Elektroenzephalogramms erfasst, während sie Urteile über die Personen fällten. Die Dominanz der negativen Inhalte zeigte sich in schnellen, unwillkürlichen Reaktionen des Gehirns, so die Forschenden. Selbst die visuelle Wahrnehmung der Gesichter wurde demnach durch negative Headlines beeinflusst.
Eine Wirkung der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit wurde in langsameren, kontrollierten Reaktionen des Gehirns erwartet. Jedoch zeigte sich auch hier ein dominanter Einfluss der negativen Schlagzeilen unabhängig von der Glaubwürdigkeit.
Auch positive Inhalte der Überschriften wirkten sich auf die Urteile aus, so dass Personen, über die Positives berichtet wurde, als positiv und sympathisch bewertet wurden – unabhängig von der Quelle. Jedoch gab es auch Hinweise darauf, dass hier die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit eher einen Einfluss hat.
Urteile langsamer bei positiven Schlagzeilen unglaubwürdiger Quellen
Teilnehmende fällten ihre Urteile langsamer, wenn positive Schlagzeilen von unglaubwürdigen Quellen kamen. Sowohl in schnellen, unwillkürlichen, als auch in langsameren, kontrollierteren Reaktionen des Gehirns zeigte sich die Wirkung positiver Schlagzeilen von glaubwürdigen Quellen, jedoch nicht von solchen aus unglaubwürdigen Quellen.
Was schließen wir aus der Studie? Die Ergebnisse zeigen, dass emotionale Schlagzeilen, auch solche mit negativem Inhalt, auch dann unser Denken und Urteilen beeinflussen, wenn wir es eigentlich besser wissen. Einfache Maßnahmen gegen Fake News, die darauf abzielen, die Glaubwürdigkeit der Quelle zu bedenken, scheinen nicht als alleinige Maßnahme auszureichen, um den Einflüssen negativer emotionaler Botschaften entgegenzuwirken.
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