Rückschlag fürs Kima! Nachdem Im Corona-Jahr 2020 die fossilen Kohlendioxid-Emissionen im globalen Schnitt deutlich sanken, nähern sie sich in diesem Jahr wieder dem Niveau von vor der Corona-Pandemie an. Zu diesem Ergebnis kommt das Global Carbon Project.
Jedes Jahr ziehen Klimaforscherinnen und -forscher auf der ganzen Erde im so genannten Global Carbon Project Bilanz, wie viel CO2 weltweit in die Atmosphäre gelangt und von natürlichen Senken wieder aufgenommen wird. Das internationale Forschungsprojekt der Forschungsinitiative Future Earth zur globalen Nachhaltigkeit zielt darauf ab, ein vollständiges Bild des globalen Kohlenstoffkreislaufs zu entwickeln, das sowohl seine bio-physikalische als auch menschliche Dimension und die Wechselwirkungen zwischen ihnen umfasst.
Die Ergebnisse waren im letzten Jahr von der Corona-Pandemie geprägt, die Auswirkungen auf die CO2-Emissionen hatte. Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betrafen viele relevante Sektoren wie Transport, Industrie oder Energie. Das führte dazu, dass sich der weltweite Kohlendioxid-Ausstoß 2020 um durchschnittlich 5,4 Prozent verringert hat, teilt jetzt das Alfred-Wegener-Institut mit. Zusammen mit der Ludwig-Maximilian-Universität in München, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie, dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie, dem Karlsruhe Institut für Technologie, dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung und dem Leibniz-Instituts für Ostseeforschung ist es am Global Carbon Project beteiligt.
Dass dies allerdings kein dauerhafter Effekt ist, zeigen die vorläufigen Zahlen des Global Carbon Projects. Im Jahr 2021 näherten sich die Emissionen mit 36,4 Milliarden Tonnen wieder dem Niveau von 2019, also von vor der Pandemie. Das sind rund 4,9 Prozent mehr als 2020. Die Emissionen aus Kohle- und Gasverbrauch nehmen 2021 stärker zu als sie 2020 gesunken sind, die Emissionen aus der Verbrennung von Öl bleiben jedoch unter dem Niveau von 2019.
Kohlendioxid-Emissionen der größten Verursacher
Bei den Ländern, die viel CO2 ausstoßen, scheinen die Emissionen 2021 zu den Trends aus der Zeit vor der Corona-Pandemie zurückzukehren, das heißt sinkende Kohlendioxid-Emissionen in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union und steigende CO2-Emissionen in Indien. In China hat die Reaktion auf die Corona-Pandemie zu einem weiteren Anstieg derr Kohlendioxid-Emissionen geführt, der vom Energie- und Industriesektor vorangetrieben wurde.
Im Einzelnen werden die CO2-Emissionen der EU27 im Jahr 2021 voraussichtlich 7,6 Prozent höher liegen als 2020 und 2,8 Milliarden Tonnen erreichen, also sieben Prozent der globalen Emissionen. Damit liegen die Emissionen 4,2 Prozent unter dem Niveau von 2019. Auch in den Vereinigten Staaten steigen die Emissionen um 7,6 Prozent an, auf 5,1 Milliarden Tonnen (14 Prozent der globalen Emissionen). Damit liegen die Emissionen 3,7 Prozent unter dem Niveau von 2019.
In China werden die Emissionen 2021 um vier Prozent auf 11,1 Milliarden Tonnen steigen (31 Prozent der globalen Emissionen). Damit liegen sie 5,5 Prozent über dem Niveau von 2019. Und in Indien steigen die Kohlendioxid-Emissionen voraussichtlich um 12,6 Prozent auf 2,7 Milliarden Tonnen, sieben Prozent der globalen Emissionen. Damit liegen sie 4,4 Prozent über dem Niveau von 2019.
Aktivitäten der Landnutzung haben laut Alfred-Wegener-Institut 2021 etwa 2,9 Milliarden Tonnen CO2 netto verursacht, etwas weniger als 2020. Hier ist der CO2-Ausstoß zum Beispiel durch Entwaldung sowie die Aufnahmen von Kohlendioxod in nachwachsenden Wäldern einberechnet. Dabei blieb der CO2-Ausstoß auch in der Pandemie hoch und belief sich in der Dekade 2011 bis 2020 jährlich auf 14,1 Milliarden Tonnen CO2. Zusammen mit einer Kohlendioxid-Aufnahme von jährlich 9,9 Milliarden Tonnen CO2 durch nachwachsende Wälder, wurden in der letzten Dekade netto also 4,1 Milliarden Tonnen CO2 durch Landnutzungsänderungen jedes Jahr in die Atmosphäre entlassen.
Zum ersten Mal verknüpfte das Global Carbon Project die unabhängigen Daten globaler Kohlenstoffmodelle mit den nationalen Treibhausgasinventaren der betrachteten Länder. Die von den Ländern gemeldeten Daten schreiben auch Teile der natürlichen Landsenke auf bewirtschafteten Flächen dem Landnutzungssektor zu, während die Modelle klar zwischen natürlichen und vom Menschen gemachten Emissionen trennen.
Ozeane und Land als natürliche CO2-Senken
Der weltweite Anteil an CO2, der in der Atmosphäre bleibt, steigt nach dem vorläufigen Bericht auch in diesem Jahr weiter an, um 2.0 ppm auf voraussichtlich 415 ppm – also parts per million, Teile pro Millionen, die Maßeinheit für die Zusammensetzung von Gasen. Die CO2-Senken an Land und in den Ozeanen reagieren wie erwartet auf diesen Anstieg und nehmen mehr Kohlendioxid auf: Zusammengenommen etwa die Hälfte des ausgestoßenen Kohlendioxids, 54 Prozent im Mittel über die letzten zehn Jahre. Allerdings setzt ihnen der Klimawandel zu, denn Modell-Abschätzungen zeigen, dass er die Kohlenstoffsenken an Land um etwa 15 Prozent abschwächt und im Ozean um etwa fünf Prozent.
„In diesem Jahr haben wir die Ozeansenke zum ersten Mal nicht nur aus Modellen berechnet, sondern auch beobachtungsbasierte Abschätzungen gleichermaßen einbezogen“, erklärt Judith Hauck, Klimawissenschaftlerin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Sie koordiniert im Global Carbon Project die Abschätzung, wie viel CO2 die Ozeane speichern. Vorläufiges Ergebnis: 2021 haben Ozeane etwa 10,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aufgenommen. Damit setzt sich der Trend fort, dass die CO2-Aufnahme der Ozeane zunimmt, parallel zum steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre.
Im letzten Jahrzehnt von 2011 bis 2020 stieg sie auf durchschnittlich 10,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr, was 26 Prozent der gesamten CO2-Emissionen entspricht. „Die Entwicklung der Ozeansenke in den nächsten Jahrzehnten, als Reaktion auf den steigenden CO2-Gehalt sowie den fortschreitenden Klimawandel, wird sich auch auf die Atmosphäre auswirken.“ Die natürliche Landsenke, die im letzten Jahrzehnt etwa 28 Prozent der vom Menschen gemachten Emissionen aufnahm, stieg über die letzten zwei Jahrzehnte und wird für 2021 auf 12,1 Milliarden Tonnen Kohlendioxid geschätzt.
Das Kohlenstoffbudget schrumpft
Unterdessen haben die anhaltend hohen Emissionen das Kohlenstoffbudget, das noch bleibt, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad, 1,7 Grad oder 2 Grad Celsius zu begrenzen, weiter verringert. Laut dem Bericht des Global Carbon Projects bleiben noch etwa jeweils 420 Milliarden Tonnen, 770 Milliarden Tonnen oder 1270 Milliarden Tonnen CO2 für eine 50-prozentige Chance, das 1,5 Grad-, 1,7 Grad- oder 2 Grad-Ziel nicht zu überschreiten. Dies entspricht etwa 11, 20 oder 32 Jahren bei gleichbleibenden Emissionen auf dem Niveau von 2021.
„Der Wiederanstieg der CO2-Emissionen fast auf das Niveau von 2019 zeigt, dass es bisher kaum strukturell wirksame Lösungen in den Plänen der Länder gibt, um den Ausstoß dauerhaft zu reduzieren“, sagt Judith Hauck. „Die Corona-Lockdowns haben bisher keinen nachhaltigen Effekt ausgelöst, deshalb müssen wir nun schnell wirkende Lösungen finden und global umsetzen, um Emissionen dauerhaft zu senken.“
Denn das Vorhaben, bis 2050 unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustoßen, also Netto-Null-Emissionen, können nur gelingen, wenn die gesamten CO2-Emissionen jedes Jahr um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen gesenkt werden. „Wir brauchen also jedes Jahr einen Rückgang in der gleichen Größenordnung wie 2020. Das waren 1,9 Milliarden Tonnen vor allem durch den vom Lockdown ausgelösten Rückgang der Mobilität aber auch der Produktion.“
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