Auf privaten und öffentlichen Grünflächen in Deutschland könnten rund 40 Prozent der rückläufigen und gefährdeten heimischen Pflanzenarten gepflanzt werden. Sie wären damit für das die Artenvielfalt fördernde „Conservation Gardening“ geeignet, wie Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig feststellen.
Die Forschenden hatten zuvor die neuesten Daten der laut Roter Liste gefährdeten Arten aller 16 deutschen Bundesländer gesammelt. Diese sind die Grundlage für eine Web-App, die Listen mit für Conservation Gardening geeigneten Pflanzen für jedes Bundesland der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
Etwa 70 Prozent unserer Flora zeigt einen rückläufigen Trend, während 30 Prozent der Pflanzenarten in ihrem Bestand gefährdet sind. Laut Meinungsumfragen des Bundesamts für Naturschutz steigt die gesellschaftliche Bereitschaft, dieser Biodiversitätskrise entgegenzuwirken, die Artenvielfalt zu erhalten. „Es bedarf neuer Ansätze, die Mensch und Biodiversität nicht mehr als voneinander getrennte Aspekte betrachten“, sagt Ingmar Staude von der Universität Leipzig.
Gärten bergen enormes Potenzial für Artenvielfalt
Die Millionen von Gärten in Deutschland bergen ein enormes Potenzial, die Menschen in den Artenschutz einzubeziehen. Dies könnte durch das Pflanzen rückläufiger heimischer Arten nebst den herkömmlichen Zierpflanzen geschehen. Allerdings war bisher unklar, wie viele solcher rückläufigen Arten tatsächlich für die Gartennutzung geeignet sind und inwieweit diese derzeit kommerziell verfügbar sind.
Die Forschenden nutzten für ihre Erhebung Daten der Websites von Pflanzen- und Saatgutherstellern, um die kommerzielle Verfügbarkeit der aufgeführten Arten zu bewerten. Auf dieser Grundlage erstellten sie eine Web-App, um Menschen mit Privatgären, Landschaftspfleger und lokalen Behörden Pflanzenlisten zur Verfügung zu stellen. Die Listen sollen helfen, geeignete Pflanzen für den Naturschutz auswählen zu können.
Je nach Bundesland variierten die gefährdeten Arten zwischen 515 und rund 1120 Arten, sagt Ingmar Staude: „Wir haben herausgefunden, dass zum Beispiel in Hamburg rund die Hälfte der bedrohten Arten, nämlich 352, für das Gärtnern geeignet sind, in Bayern rund ein Drittel, also 321 Arten.“ Mehr als die Hälfte der gefährdeten Arten seien schon im Handel erhältlich. Knapp die Hälfte bevorzugten trockene Böden. Bei herkömmlichen Gartenpflanzen seien es nur rund ein Drittel.
Was bedeuten die Ergebnisse der Forschenden für die Artenvielfalt? „Im Hinblick auf den Klimawandel ist dies ein beachtenswertes Ergebnis“, so Ingmar Staude: „Conservation Gardening schärft das gesellschaftliche Bewusstsein für die Biodiversitätskrise, während gleichzeitig partizipative Maßnahmen ergriffen werden, um dem Rückgang heimischer Pflanzenarten entgegenzuwirken.“
Foto: Christian Wirth