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Kipppunkt erreicht? Erschreckende Konsequenzen für Kohlenstoff in den Tiefen der Böden

Wie sagt man? Die Katze beißt sich den Schwanz! So lässt sich die Meldung einordnen, die jetzt von der Universität Zürich ausgesendet wurde.

Doch erstmal die wissenschaftlichen Fakten: Böden sind mit ihrem natürlichen, zum Teil über Jahre angereicherten Humusgehalt – oft an der dunklen Färbung erkennbar –, der größte Speicher für Kohlenstoff, aber auch eine der wichtigsten Quellen für CO2 in der Atmosphäre.

Die Klimaerwärmung beschleunigt nun den Abbau des Humus, wie eine Studie unter Leitung von Forschenden des Geographischen Instituts der Universität Zürich im Sierra Nevada National Forest in Kalifornien zeigt. Dabei reduzieren sich auch die vermeintlich stabilen Wachs- und Holzstoffe, die den Pflanzen bei der Speicherung von Kohlenstoff in den Blättern und Wurzeln helfen.

Etwa ein Viertel der weltweiten Kohlenstoffemissionen werden durch Wälder, Gras- und Weideland gebunden. Pflanzen speichern mit Hilfe der Photosynthese Kohlenstoff in ihren Zellwänden und im Boden. Etwa die Hälfte des Bodenkohlenstoffs befindet sich in den tieferen Bodenschichten, in mehr als zwanzig Zentimetern Tiefe. Doch auch diese Schichten werden durch den Klimawandel erwärmt.

Verlust von entscheidenden Kohlenstoff-Speichern

Die Erwärmung führt also zu einem erheblichen Verlust jener organischen Verbindungen, die den Pflanzen helfen, Kohlenstoff in ihren Blättern und in ihren Wurzeln zu speichern. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass diese chemisch stabileren Verbindungen dem natürlichen Abbau länger widerstehen und somit Kohlenstoff im Boden speichern.

Doch die Studie zeigt, dass Lignin, das den Pflanzen Steifigkeit verleiht, um 17 Prozent reduziert war. Cutin und Suberin – wachsartige Verbindungen in Blättern, Stängeln und Wurzeln, die die Pflanzen vor Krankheitserregern schützen –, waren fast dreißig Prozent weniger vorhanden. Selbst der pyrogene, organische Kohlenstoff, der nach einem Waldbrand zurückbleibt, war deutlich weniger vorhanden.

Die Experimente wurden in den Wäldern der kalifornischen Sierra Nevada durchgeführt. Der Boden wurde während 4,5 Jahren in einer Tiefe von einem Meter künstlich um 4 Grad Celsius aufgeheizt, einschließlich der Tages- und Jahreszeitenzyklen. Diese Erwärmung entspricht den Prognosen eines Klimaszenarios bis zum Ende des Jahrhunderts, bei dem die Erwärmung wie bisher unverändert weitergeht.

Folgen für die Nutzung von Böden gegen globale Erwärmung

Diese Erkenntnis hat große Bedeutung für eine der Schlüsselstrategien im Kampf gegen die globale Erwärmung, nämlich auf Böden und Wälder als natürliche Kohlenstoffsenken zu setzen. Dazu werden unter anderem Nutzpflanzen mit besonders tiefen Wurzeln und korkreicher Biomasse entwickelt.

„Bisher ging man davon aus, dass damit CO2 im Boden zurückgehalten werden kann, sagt Michael W. Schmidt, Professor für Geographie an der Universität Zürich. Die Ergebnisse zeigten jedoch, dass alle Bestandteile des Bodenhumus gleichermaßen weniger werden, einfache chemische Stoffe genauso wie komplexe Bestandteile.

„Wenn sich diese ersten Beobachtungen auch in längerfristigen Feldexperimenten bestätigen, hätte das erschreckende Konsequenzen“, so der Experte. Verliert der Waldboden massiv an Bodenhumus und setzt dieser Kohlenstoff als CO2 frei, beschleunigt das die Erwärmung weiter. „Die Emissionen an der Quelle zu stoppen, muss unser Ziel sein“, sagt er.

Zahllose Kipppunkte in unserer Umwelt

Wie recht der Mann doch hat. Wir Menschen haben in den letzten Jahrzehnten, in denen sich der Klimawandel abzeichnete, zu spät eingegriffen. Nun kriegen wir die Katze wohl nicht mehr so richtig vom Schwanz getrennt.

Heute spricht man in solchen Situationen von Kipppunkten. Sie sind ein kritischer Grenzwert, an dem eine kleine zusätzliche Störung zu einer qualitativen Veränderung im System führen kann. Die Kipp-Elemente reagieren oft lange Zeit nur wenig auf Klimastress, aber wenn die Belastung dann nur geringfügig weiter zunimmt, kommt es zum Umkippen.

Und machen wir uns nichts vor: Es gibt zahllose Kipppunkte in unserer Umwelt …

Foto: Uni Zürich/Michael W.I. Schmidt

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