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Hoffnung für bedrohte Hummelarten?

Hummeln leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bestäubung unserer Nutzpflanzen. Aber Änderungen in der Landnutzung wie etwa intensive Formen der Landwirtschaft verstärken die Risiken, denen sie eh schon durch den Klimawandel ausgesetzt sind. Ein intelligentes Landmanagement dagegen könnte einige Arten stabilisieren, wie Langzeitsimulationen jetzt zeigen.

Unser Nahrungsmittelsystem profitiert von der Bestäubung wichtiger Pflanzen wie Getreide- und Gemüsesorten durch Insekten – mit mehreren Milliarden Euro beziffert die Europäische Kommission die so genannte Ökosystemleistung der Tiere für Europa. Eine wichtige Rolle spielen dabei unter anderem Wildbestäuber wie Hummeln, deren Ausbreitungsgebiete sich durch den Klimawandel verändern werden.

In Fachkreisen ist der Rückgang schon seit Jahrzehnten bekannt. Insgesamt hat in den vergangenen dreißig Jahren die Gesamtmasse aller Fluginsekten um mehr als 75 Prozent abgenommen. Dieses Insektensterben bedeutet aber nicht nur einen hohen Verlust für die Artenvielfalt. Es gefährdet auch die Nahrungsmittelproduktion, denn Pflanzenblüten brauchen für ihre Bestäubung Bienen und Hummeln – sie sind also sozusagen systemrelevant.

„Frühere Studien zeigen, dass bei mehr als der Hälfte der europäischen Arten inzwischen die Populationen sinken“, sagt Reinhard Prestele vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung am KIT-Campus Alpin in Garmisch-Partenkirchen. Dort untersuchen die Forscherinnen und Forscher über Messungen und Modellierungen die bio-geo-chemischen und physikalischen Prozesse, die für das Zusammenspiel von Klima, Vegetation, Böden und Wasserverfügbarkeit verantwortlich sind, beispielsweise beim Ausstoß oder Abbau von Treibhausgasen in klimasensitiven Regionen, wie Berggebiete, Trockenregionen, Landwirtschaftsgebiete und Städte.

„Allerdings setzt ihnen nicht nur das Klima zu, auch Landnutzungsänderungen können Populationen bedrohen“, betont Reinhard Prestele. Deshalb will er die Auswirkungen von Landnutzung und Klimawandel jeweils getrennt betrachten, auf kontinentaler Ebene. Diese Arbeit leisteten nun Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie, kurz KIT, gemeinsam mit Partnern vom Joint Research Centre der Europäischen Kommission im italienischen Ispra, indem sie die Auswirkungen von Landnutzungsveränderungen auf die zukünftige Verbreitung europäischer Hummeln simulierten.

Exzessiver Gebrauch von Dünger und Pestiziden bedrohlich

Für ihre Studie berechneten die Forschenden die potenzielle Verbreitung von 47 europäischen Arten für die Jahre 2050 und 2080 in sieben Szenarien, denen unterschiedliche Annahmen über zukünftige Klima- und Landnutzungsänderungen in Europa zugrunde liegen. „Wir haben die Projektionen eines konstanten Klimas mit einer dynamischen Landnutzung einer gegenteiligen Konstellation gegenübergestellt“, erklärt Penelope Whitehorn vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung.

„Dabei wurde zwar deutlich, dass Klimaveränderungen sich insgesamt am stärksten bemerkbar machen und viele Arten existenziell bedrohen“, so Penelope Whitehorn. Vor allem aber einige seltene Arten sind den Ergebnissen nach in manchen Szenarien von Landnutzungsänderungen genauso schwer betroffen wie vom Klimawandel. Neben dem Verlust von Lebensraum spiele dabei auch der exzessive Gebrauch von Dünger und Pestiziden eine Rolle. „Hier konnte in anderen Studien bereits gezeigt werden, dass Kolonien langsamer wachsen und auch weniger Königinnen produzieren“, erklärt Penelope Whitehorn.

Klimaschutz, Ökolandbau und Rückzugsraum wirken stabilisierend

Die Simulationen zeigen aber auch einen Hoffnungsschimmer für die bedrohten schwarzgelben Brummer. Entschiedener Klimaschutz gepaart mit einem intelligenten Landmanagement, etwa mit größeren Anteilen ökologischen Landbaus und geschützten Rückzugsräumen, könnte voraussichtlich zur Stabilisierung einiger Hummelarten auch bei moderatem Klimawandel beitragen, heißt es.

Um entsprechende Schutzstrategien zu entwickeln, werde aber noch weitere Forschung benötigt, betont Reinhard Prestele. Denn für konkrete Erkenntnisse darüber, was helfen könnte, benötigen die Forschenden noch eine bessere Abbildung von spezifischen ökologischen Prozessen in den Modellen: „Etwa zu den Fragen, welche Rolle kleinräumige Habitate in landwirtschaftlich geprägten Landschaften spielen und wie genau sich unterschiedliche Bewirtschaftungsmethoden auf den Lebenszyklus von Hummelkolonien auswirken.“

Auch Wildbienen und Wespen betroffen

Aus Langzeitsimulationen zu Landnutzungsänderungen könnten aber nicht nur Schutzmaßnahmen für Hummeln abgeleitet werden. „Unser Ansatz lässt sich auch auf andere wichtige Wildbestäuber wie Wildbienen und Wespen übertragen“, erklärt Reinhard Prestele vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung.

Foto: Gerhard G. auf Pixabay

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