Nicht nur wir Menschen leiden unter den immer häufigeren Hitzewellen. Die globale Erwärmung wirkt sich auch auf landlebende Insekten wie etwa Käfer, Ameisen und Schmetterlinge aus. Sie müssen deshalb entweder ihre Aktivität verringern oder Schutz in geeigneteren Mikrohabitaten suchen. Je vielfältiger diese kleinen Lebensräume sind, umso besser für die Tiere, so eine neue Studie unter Leitung des Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Um unter großer Hitze zu überleben, müssen Insekten entweder ihre körperliche Aktivität verringern und so Energie sparen oder Schutz in einer kühleren Umgebung suchen. In einem natürlichen und vielfältigen Ökosystem finden sich Kleinstlebensräume, die den Tieren angenehme klimatische Bedingungen und gleichzeitig Nahrung bieten. Doch angesichts der veränderten Landnutzung nimmt die Vielfalt dieser sogenannten Mikrohabitate ab. Darunter leiden nicht nur die kleinen Lebewesen, sondern auch die wichtigen Ökosystemleistungen, die sie erbringen, wie etwa Bestäubung, die Bildung von Humus und die generelle Verbesserung der Bodenqualität.
Genaues Bewegungs-Tracking mithilfe von Radiowellen
Das Forschungsteam hat die Auswirkungen des Klimas und der Verfügbarkeit von Mikrohabitaten auf die Aktivität der Tiere mit dem „iDiv Ecotron“ genauer untersucht. Dabei handelt es sich um mehrere abgeschlossene Ökosysteme – sogenannte Eco-Units –, mit deren Hilfe sich Umweltbedingungen wie Licht, Nährstoffe oder Luftfeuchtigkeit kontrollieren lassen. Für ihre Studie betrachteten die Forschenden sechs verschiedene Arten, die in der Region Leipzig vorkommen, darunter der Lederlaufkäfer (Carabus coriaceus), die Gemeine Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus) und die Hausgrille (Acheta domesticus).
Um die Bewegungen der insgesamt 465 Gliederfüßer genau nachverfolgen zu können, entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen neuen Ansatz auf Basis von Radiofrequenz-Identifikation (RFID). „Schwere GPS-Halsbänder, wie sie zum Beispiel bei großen Säugetieren verwendet werden, können wir bei kleinen Tieren nicht nutzen“, erklärt Jördis Terlau, die das Projekt bei iDiv und an der Jenaer Uni leitete: „Mithilfe der leichten RFID-Transponder können wir nun auch ihre Bewegungsmuster durch Landschaften gut verfolgen.“
Verringerte Insekten-Aktivität bei gut durchmischtem Laub
Innerhalb der Eco-Units simulierten die Forschenden Hitzewellen und orientierten sich dabei an den Daten, die vom Deutschen Wetterdienst 2018 und 2019 aufgezeichnet wurden. Dabei ließen sie die Temperatur auf bis zu 38,7 Grad Celsius ansteigen. Auch fügten sie Blattlaub von vier verschiedenen Baumarten hinzu – entweder gut durchmischt oder räumlich getrennt.
Mithilfe des RFID-Trackings konnten sie feststellen, dass die extreme Hitze sich unterschiedlich auf die Gliederfüßer auswirkt, je nachdem, wie die jeweiligen Bedingungen in den Mikrohabitaten waren. War das Laub gut durchmischt, verringerten die Insekten ihre Aktivität deutlich. Dagegen erhöhte sich die Aktivität, wenn die einzelnen Laubarten sauber voneinander getrennt waren.
„Wir gehen davon aus, dass das gemischte Laub nicht nur Schutz vor der Hitze bietet, sondern eben auch verschiedene Nahrungsquellen“, berichtet Jördis Terlau: „Dadurch müssen sich die Insekten auf der Nahrungssuche weniger bewegen und können Energie sparen. Das hilft ihnen dabei, nicht zu überhitzen.“
Vielfältige Mikrohabitate mildern Auswirkungen extremer Hitze
Waren die Laubarten hingegen räumlich getrennt, mussten die Tiere sich auf der Suche nach geeigneter Nahrung mehr bewegen und ihre Rückzugsorte verlassen. Damit erhöhte sich wiederum deren Energieverbrauch, was bei Hitze von Nachteil ist und das Risiko einer Überhitzung erhöht.
„Das zeigt, wie wichtig es ist, dass Lebensräume auch im Kleinen möglichst vielfältig bleiben“, schlussfolgert Myriam Hirt: „So lassen sich möglicherweise die Auswirkungen extremer Hitze zu einem gewissen Grad abmildern.“ Die Studie unterstreiche damit auch den vielfältigen Nutzen heterogener Lebensräume wie etwa Mischwälder. Sie würden den Tieren neben geeigneten Lebensräumen ausreichend Nahrung bieten und so dazu beitragen, dass wichtige Ökosystemleistungen auch angesichts des Klimawandels gewährleistet werden können.
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