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Fördert Methan aus tauendem Permafrost den Klimawandel?

Der Klimawandel wird durch viele Faktoren begünstigt. Prominentester ist der steigende Anteil an Kohlendioxid in der Atmosphäre. Dabei ist freigesetztes Methangas noch viel wirksamer. Eine wichtige Rolle nehmen hier die so genannten Permafrostböden auf der Nordhalbkugel ein, vor allem in Nordasien und Nordamerika.

Experten sprechen von Permafrost oder Dauerfrostboden, sobald die Temperatur des Bodens in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren unter null Grad Celsius lag. In der Arktis gibt es Gebiete, in denen siebzig Prozent des Untergrundes aus Eis bestehen, zum Beispiel im nordöstlichen Sibirien. Dort gab es während der letzten Eiszeit sehr kalte und lange Winter.

Permafrost entsteht durch wiederholtes Gefrieren im Winter

Weil der Boden nicht unter einem schützenden Eisschild lag, konnte die Kälte tief in den Boden eindringen, über einen Kilometer tief ins Erdinnere. Zu erkennen ist Permafrost an einem regelmäßigen Muster von Rissen an der Oberfläche, das durch wiederholtes Gefrieren im Winter entsteht, ähnlich wie nach einer Dürre.

Dauerhaft gefrorene Permafrostböden nehmen große Gebiete der Nordhalbkugel ein. Tauen sie in einer wärmer werdenden Welt auf, kann das Gefahren bergen, denn beim Auftauen werden CO2 und Methan frei – und verstärken den menschengemachten Treibhausgaseffekt. „Methan kommt zwar nur in geringer Konzentration vor, ist dabei aber besonders gefährlich, da sein Erwärmungspotenzial um ein Vielfaches höher ist als bei CO2“, erklärt Professor Nikolaus Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn.

Vor dem Hintergrund ist es interessant zu wissen, welche Auswirkungen die Hitzewelle des Sommers 2020 in Sibirien hatte. In einer Studie unter Federführung der Universität Bonn haben Geologen jetzt die räumliche und zeitliche Verteilung der Methankonzentration in der Luft Nordsibiriens mit geologischen Karten verglichen. Ergebnis: Die Methangehalte der Luft nach der Hitzewelle des vergangenen Jahres deuten darauf hin, dass verstärkte Gasaustritte aus Kalkstein stattfanden.

Treibhausgase aus tauendem Permafrost nur kleiner Beitrag zu Klimawandel?

Müssen wir uns also auf eine bevorstehenden „Methanbombe“ einrichten, wie Pessimisten warnen? Die meisten bisherigen Projektionen ergaben, dass die Treibhausgase aus tauendem Permafrost bis 2100 „nur“ etwa 0,2 Grad Celsius zur globalen Erwärmung beitragen. Diese Annahme stellt Froitzheim jetzt zusammen mit den weiteren Forschenden Jaroslaw Majka von der finnischen Universität Uppsala und Dmitry Zastrozhnov vom Karpinsky Russian Geological Research Institute in St. Petersburg in seiner neuen Studie in Frage.

In vorherigen Untersuchungen beschäftigten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meist ausschließlich mit den Emissionen, die aus der Zersetzung von pflanzlichen und tierischen Überresten in den Permafrostböden selbst entstehen. In ihrer aktuellen Studie betrachteten die Forscher um Froitzheim die mithilfe der satellitengestützten Spektroskopie ermittelten Methankonzentrationen in der sibirischen Luft und verglichen sie mit geologischen Karten.

Dabei stellten sie deutlich erhöhte Konzentrationen in zwei Gebieten von Nordsibirien fest – dem Taymyr-Faltengürtel und dem Rand der Sibirischen Plattform. Auffällig an diesen beiden langgestreckten Gebieten ist, dass der Untergrund dort von Kalksteinformationen aus dem Paläozoikum gebildet wird. Dabei handelt es sich um den Zeitraum von 541 Millionen Jahren bis etwa 251,9 Millionen Jahren vor heute.

Dramatische Auswirkungen auf das ohnehin schon überhitzte Klima

In beiden Gebieten traten die um etwa fünf Prozent erhöhten Konzentrationen während der extremen Hitzewelle des Sommers 2020 auf und blieben danach monatelang bestehen. Aber wie kam es überhaupt zum Auftreten des zusätzlichen Methans? „Die Bodenbildungen in den beobachteten Gebieten sind sehr dünn oder fehlen ganz, was die Zersetzung von organischer Substanz in den Böden als Quelle des Methans unwahrscheinlich macht“, sagt Froitzheim.

Er und seine Kollegen befürchten daher, dass die bisher mit Eis und Gashydrat gefüllten Kluft- und Höhlensysteme im Kalkstein durch die Erwärmung durchlässig wurden. „Dadurch dürfte Erdgas, das zum größten Teil aus Methan besteht, aus Lagerstätten im Permafrost und unter dem Permafrost den Weg an die Erdoberfläche gefunden haben“, sagt der Experte.

Dieser Hypothese wollen die Wissenschaftler nun mit Messungen vor Ort und mit Modellrechnungen nachgehen, um herauszufinden, wie schnell und in welchem Umfang Erdgas freigesetzt werden kann. „Die Mengen von Erdgas, die im Untergrund Nordsibiriens vermutet werden, sind gewaltig. Wenn Teile davon durch den tauenden Permafrost in die Atmosphäre gelangten, könnte das dramatische Auswirkungen auf das ohnehin schon überhitzte Klima der Erde haben“, betont Professor Froitzheim.

Qelle: Universität Bonn
Foto: Наталья Коллегова auf Pixabay

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