Viele sind heute mit der Mobilitäts-App der Deutschen Bahn oder Verkehrsverbünden unterwegs. Gespeist werden sie mittlerweile von aktuellen Daten. So kann jeder schnell umsteigen kann, wenn die Verbindung wackelt. Aber wie sehen Experten die Zukunft solcher Mobilitätsplattformen?
Im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur im Bundestag ging es jetzt um eine deutschlandweite Mobilitätsplattform. Auch wie man die dafür notwendigen Daten seitens der Mobilitätsanbieter bekommt. Grundlage der Diskussion waren Vorstöße von FDP und Grünen. Einig waren sich offenbar alle, dass sowohl öffentliche als auch private Verkehrsunternehmen dabei sein und ihre Daten zu Verfügung stellen müssten. Umstritten blieb, ob es dafür Gesetze braucht. Eine gesetzliche Verpflichtung, eine bestimmte Plattform zu nutzen oder eine bestimmte technische Lösung zu verfolgen, käme verfrüht, sagte Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag. Gleichzeitig sprach sich der Kommunalvertreter ausdrücklich gegen eine einseitige Verpflichtung der öffentlichen Hand aus, Mobilitätsdaten einseitig bereitzustellen.
Das Ziel beschrieb Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen: Der Bund müsse eine nationale Plattform schaffen, über die sich die Nutzer aus den öffentlichen wie auch privaten Verkehrsangeboten nach ihren Präferenzen die beste Mobilitätskette zusammenstellen können. „Die Grundlagen, um digitale Mobilität verfügbar zu machen, sind da“, sagte er. Eine von oben aufgesetzte Lösung sei aber nicht zielführend, auch nicht die Verpflichtung, an einem genossenschaftlichen Modell mitzuwirken. Er unterstützte den Weg des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, dass einige große Unternehmen eine Mobilitätsplattform aufbauen und andere Anbieter einladen, „Kunde, im Sinne eines Miteigentümers zu werden“.
Mobilitäts-App: Einfach, zuverlässig und sicher
Neben den Tarif- und Fahrplandaten, die zum Teil schon erfasst würden, müssten auch Realtime-Daten in einer zu schaffenden App aufgenommen werden, sagte Professor Justus Haucap vom Düsseldorf Institute for Competition Economics. Klar sei, dass die mit Steuermitteln unterstützten ÖPNV-Unternehmen ihre Daten bereitstellen müssten. Ziel müsse es aber sein, die Plattform so attraktiv zu gestalten, dass auch private Anbieter ihre Daten freiwillig anbieten. Haucap warnte zugleich: Gelinge es nicht, eine Plattformlösung zu schaffen, die für alle zur Verfügung steht, könnten es große Unternehmen wie Google sein, „die die Daten einsammeln und für eine Monopolisierung sorgen“.
Die geforderte Mobilitäts-App müsse einfach, zuverlässig und sicher sein, forderte Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie werde gebraucht, um das Mobilitätsverhalten der Menschen umweltgerechter zu gestalten, ohne die Mobilität einzuschränken. Zu beachten sei aber, dass die Menschen unterschiedliche Vorstellungen von guter Mobilität hätten. Zwar werde eine Verständigung über Schnittstellen und den Datenschutz benötigt. Statt aber die Ausgestaltung der App zentral vorzugeben, brauche es eine Individualisierung, „damit die Oma auf der schwäbischen Alb ebenso ihr Angebot ebenso findet, wie der Hipster in Prenzlauer Berg“.
Gesetzliche Verpflichtung zur Plattform richtig
Maxim Nohroudi vom Startup-Unternehmen Door2Door GmbH verwies auf eigene Erfahrungen mit von seinem Unternehmen entwickelten Mobilitäts-Apps, die zeigten, dass es erhebliche Unterschiede zwischen Langstrecken- und Kurzstreckennutzern gebe. Benötigt würden daher zwei Apps. Auf die Frage, warum es noch keine zentrale Mobilitätsplattform gebe, antwortete er: Jeder Anbieter wolle den Endkundenzugang behalten. Gehe es dem Bund um die Stärkung der Daseinsvorsorge durch die Mobilitätsplattform, sei daher die gesetzliche Verpflichtung zur Plattform richtig.
„Mit der intelligenten Verknüpfung von ÖPNV und Sharing-Angeboten schaffen wir für die Menschen ein bedarfsgerechtes, einfach und komfortabel buchbares Mobilitätsangebot, das für jede Situation das richtige Mobilitätsangebot bereitstellen kann“, stellte Michael Heider von den Berliner Verkehrsbetrieben sein Projekt „Jelbi“ vor. Nur wenn sich die Menschen einer attraktiven Alternative zum privaten PKW gewiss sein könnten, die ihre vielfältigen, individuellen Mobilitätsbedarfe deckt, sei der Weg zu autofreien Haushalten und damit autoarmen Kiezen und Städten geebnet. Die Bedeutung des Autos für die Menschen im ländlichen Raum betonte indes Stefan Gerwens vom ADAC. Das Auto müsse in einer Mobilitäts-App, beispielsweise als On-Demand-Angebot, eingebunden werden. Dafür sei es nötig, die Experimentierklausel im Personenbeförderungsgesetz zu ändern.
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