Optimismus ist eine gute Strategie, Ziele zu erreichen. Seit wir in Deutschland die Ampel haben, wird ein Ziel immer wieder betont: den Klimawandel mindestens zu stoppen. „Wir müssen Klimakrise und Artensterben, die beiden für die Menschheit existenziellen ökologischen Herausforderungen, zeitnah lösen“, sagt jetzt zum Beispiel Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Auch er scheint von Optimismus geleitet. Mit seiner Stiftung sieht er Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik „in vollem Gang“ hin zu einer umfassenden Nachhaltigkeit.
Stimmt das wirklich?
„Dazu brauchen wir auch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern“, stellt Bonde aber zugleich fest, womit er einen wichtigen Punkt anspricht. Denn wenn weiterhin eine Mehrheit der Menschen in unserem Land der Auffassung ist, die Politik müsse das Klima retten und nicht wir selber durch unser verändertes Verhalten, dann wird das nichts. Mit Elektroautos statt Verbrennern können wir die Klimakrise auf keinen Fall stoppen. Vielleicht müsste aus der Autofahrt am Sonntagmorgen, um Brötchen zu holen, künftig eher ein deftiger Spaziergang werden.
„Ohne die überzeugte Unterstützung der Mehrheit ist eine Klima- und Ressourcenwende in einer demokratischen Gesellschaft unmöglich“, sagt denn auch Christa Liedtke, Professorin an der Folkwang Universität der Künste für Nachhaltigkeitsforschung im Design und Abteilungsleiterin „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Die neue Bundesregierung müsse dazu weit mehr offene Diskurse betreiben und einen gesetzlichen Rahmen schaffen, der nachhaltige Lebensstile genauso fördere wie nachhaltige Dienstleistungen und Produkte.
Aber wie soll das gehen?
Die Expertin sieht ein weit verbreitetes Nachhaltigkeitsbewusstsein als Voraussetzung. Am überzeugendsten ist nach ihrer Meinung das Lernen durch praktisches Erleben. Darum schlägt sie mit dem Wuppertal Institut unter anderem eine stärkere Förderung von Erprobungsräumen für nachhaltiges Leben vor, wie etwa in Reallaboren und Living Labs.
Christa Liedtke betont aber auch die vermehrte Anwendung von Ökodesign-Vorgaben für klimafreundliche und ressourcenleichte Produkte, höhere Quoten für den Einsatz von Recyclingmaterial, eine bessere Kennzeichnung und einen besseren Marktzugang für nachhaltige Produkte.
„Nachhaltiger Konsum muss in allen Lebensbereichen möglich sein und dabei auch die sozial schwächer aufgestellten Haushalte einbeziehen“, sagt sie. Deshalb fordert sie eine Nachhaltigkeitssteuer auf nicht-nachhaltige Güter und Dienstleistungen: „Solche Steuereinnahmen könnten als sozialer Ausgleich umverteilt werden, beispielsweise für Pro-Kopf-Rückzahlungen.“
Gute Ansätze für das Stoppen des Klimawandels
Das sind gute Ansätze, den Klimawandel zu stoppen. Aber dieser Optimismus kommt mir jeden Samstag erneut abhanden, wenn ich den Briefkasten öffne. Dort finde ich regelmäßig als Wurfsendung einen Haufen Papierprospekte, die ich nicht brauche, eingehüllt in eine durchsichtige Plastikfolie. Geduldig öffne ich die Hülle, entsorge sie im gelben Sack, schmeiße die Prospekte ungelesen ins Altpapier und frage mich, ob auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft das irgendwann ein Ende hat?